Windkraft – Aber bitte nicht in meinem Garten!
29. Oktober 2012

Aber bitte nicht in meinem Garten!

Offenbar ist dem ein oder anderen Deutschen in Sachen Energiewende besonders ein Prinzip heilig: das St.-Florians-Prinzip. Geschehe was wolle, nur nicht mir. Ein Kommentar.

Einigen Deutschen ist es so lange ernst mit der Energiewende, wie sie selbst nicht irgendwie von ihr betroffen sind. So sind die die Rotorblätter eines Windrades aus der Ferne ein hübsches Symbol für unser neues grünes Gewissen. Doch vom Küchenfenster oder von der Terrasse aus betrachtet wirken die geflügelten Riesen auf einmal ganz anders – und werden zum Dorn im Auge.

Einigen Deutschen ist bei der Energiewende also vielmehr ein Prinzip heilig: das des heiligen Sankt Florian. Den rief man früher an, um Leid und Pech von sich fern zu halten: „Heiliger Sankt Florian / Verschon’ mein Haus / Zünd’ andre an!” Daran hat sich nicht viel geändert, nur dass das Sankt-Florians-Prinzip heute einen anderen Namen hat: „Nimby“, not in my backyard.  So sind die meisten Deutschen zwar gegen gefährliche Atommeiler und voller Überzeugung als erstes Volk der Welt aus der Kernenergie ausgestiegen, 94 Prozent der Bundesbürger sehen die Energiewende gar als „wichtig“ an, wie das Marktforschungsunternehmen TNS Infratest 2011 herausgefunden hat. Doch „nimby“  macht der Akzeptanz einen Strich durch die Rechnung, sobald sich etwas in unserer engsten Umgebung abspielt. Zum Beispiel, wenn sich Windräder in unserem Garten drehen. Betroffene behaupten, der Schatten der Rotorblätter störe sie, die Flügel flappten zu laut und die Aussicht von der Terrasse verschandelten sie auch. Geht es um ein Windrad in unmittelbarer Nähe, sinkt die Zahl der Windkraft-Befürworter von 94 auf 60 Prozent.

Warum dann Windräder also nicht einfach ins Wasser stellen, wo es keine Gärten gibt? Ganz einfach: Weil sie auch da jemanden stören. Die Touristen beim Strandspaziergang ebenso wie die Einheimischen. Die Rechnung, immer nur die anderen in den sauren Apfel beißen zu lassen, geht nicht ewig auf.

Ja, aus den Gärten und an den Küsten weht ein rauer Wind in Richtung Windkraft. Viele Menschen begreifen, dass wir energiepolitisch umsteigen müssen. Dass wir neue Ressourcen wie Sonne und Wind nutzen müssen, um andere zu schonen. Und dass wir nicht ausrangierte Brennstäbe in der Erde verbuddeln können, um sie dort zu vergessen und der nächsten Generation zu überlassen. Aber ohne flappende Flügel wird die Energiewende nicht funktionieren. Alles hat seine Schattenseiten. Auch die Windkraft.

Windenergie - Akzeptanz in Deutschland
Mehr Statistiken finden Sie bei Statista

Für den Großteil der Deutschen scheint Windenergie eine Herzensangelegenheit zu sein – solange sie nicht vor der eigenen Haustür erzeugt wird.

One Response to “Aber bitte nicht in meinem Garten!”

  1. dirk balzer sagt:

    Ein schöner Kommentar– Es würde mich noch interessieren, Was die hauptsächlichen Argumente Dafür oder dagegen waren

Hinterlasse eine Antwort

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind markiert *

*

Du kannst folgende HTML-Tags benutzen: <a href="" title=""> <abbr title=""> <acronym title=""> <b> <blockquote cite=""> <cite> <code> <del datetime=""> <em> <i> <q cite=""> <strike> <strong>