Versuchsreaktor Jülich – Wie ein Kernkraftwerk stillgelegt wird
29. Oktober 2012

Versuchsreaktor Jülich – Ein Kernkraftwerk wird stillgelegt

Mal eben ein Atomkraftwerk abreißen? Geht nicht. Schließlich lagert dort radioaktiver Abfall. Eine Stilllegung dauert Jahrzehnte und kostet Hunderte Millionen Euro. Das zeigt der Versuchsreaktor in Jülich. Eine Fotostrecke.

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Kaum ein Ereignis am anderen Ende der Welt hat Deutschland so sehr verändert, wie das Erdbeben von Tōhoku am 11. März 2011. Als an der japanischen Küste die Erde wackelte, kamen mehr als 15.000 Menschen ums Leben. Und es geschah das, was Wissenschaftler einen Super-GAU nennen: Im Kernkraftwerk Fukushima ereigneten sich mehrere schwere Störfälle, große Mengen radioaktiven Materials traten aus.

Die Bundesregierung in Berlin reagierte prompt: Nach einem Atom-Moratorium schaltete sie die ersten acht Atommeiler dauerhaft ab. So soll es weitergehen: Bis 2022 sollen die übrigen neun deutschen Atomkraftwerke (AKW) vom Netz gehen. Deutschland steigt aus der Kernenergie aus – muss sich aber noch viele Jahre lang mit den Folgen herumschlagen. Weil viele Elemente der Kraftwerke radioaktiv belastet sind, können die Atommeiler nicht einfach abgerissen werden. Ihr Rückbau unterliegt strengen Sicherheitsvorschriften und frisst viel Geld.

Schalten die Betreiber ein AKW ab, überprüfen die zuständigen Behörden mehrere Jahre lang, wie es am sichersten zurückgebaut werden kann. Erst dann erteilen sie eine Genehmigung zur Stilllegung. Diese Stilllegung dauert nach Schätzungen der Gesellschaft für Anlagen- und Reaktorsicherheit (GRS) noch einmal zehn bis 20 Jahre und kostet je Kraftwerk rund 700 Millionen Euro. Das bedeutet: Unterm Strich müssen die Betreiber der letzten 17 Atommeiler rund 12 Milliarden Euro für den Rückbau zahlen – Endlagerkosten noch nicht eingerechnet.

Wie aufwändig ein Rückbau ist, zeigt das Kernkraftwerk der Arbeitsgemeinschaft Versuchsreaktor (AVR) im rheinländischen Jülich. Seit 18 Jahren legen Arbeiter den Reaktor schon still. Für insgesamt 600 Millionen Euro soll sich das Kraftwerk bis 2017 in eine grüne Wiese verwandeln. Damit kostet die Stilllegung des AVR mehr als zehn Mal so viel wie sein Bau in den 1960er Jahren. Und sie dauert insgesamt 23 Jahre – länger, als das Kraftwerk in Betrieb war.

 21 Jahre lang forschten Wissenschaftler im AVR Jülich zur Kernenergie. Sie wollten einen neuen, sicheren Reaktortyp entwickeln: den sogenannten Hochtemperaturreaktor, bei dem die Forscher kugelförmige Brennelemente verwenden.  Gleichzeitig speiste der Reaktor Strom ins öffentliche Netz – allerdings nicht ohne Zwischenfälle.

Zu einem Atom-Gau wie in Tschernobyl oder wie in Fukushima hätte es bereits Ende der 1970er Jahre in Jülich kommen können – wenn man einer 2008 veröffentlichten Studie des Chemikers Rainer Moormann glaubt, einem ehemaligen Mitarbeiter des Forschungszentrums Jülich. Unbestritten ist, dass es im Jahr 1978 in dem Versuchsreaktor einen Störfall gab. Durch ein Leck traten 27 Kubikmeter Wasser in den Reaktor ein. Die Folge: 15 Monate lang war das Kraftwerk außer Betrieb, radioaktives Wasser gelangte ins Erdreich.

Moormann ist überzeugt, dass der Störfall noch weitaus schlimmere Folgen hätte haben können – eine chemische Explosion wie in Fukushima beispielsweise. Mehr als 20 Jahre nach dem Zwischenfall hat deswegen eine unabhängige Expertengruppe ihre Arbeit aufgenommen und überprüft derzeit den Störfall.

Abgeschaltet wurde das Jülicher Kraftwerk dennoch erst zehn Jahre nach dem Störfall – nachdem sich am anderen Ende der Welt, im ukrainischen Tschernobyl, die bisher größte Atomkatastrophe der Geschichte ereignete hatte.

Glossar

Castor | Direkter Abbau | Endlager | Sicherer Einschluss | Zwischenlager

4 Responses to “Versuchsreaktor Jülich – Ein Kernkraftwerk wird stillgelegt”

  1. Jonas sagt:

    Schöne Strecke. Aber vielleicht solltet ihr die Pfeile zum Weiterklicken auch in weiß darstellen. Habe ewig gebraucht, sie zu finden.

    • Jonas Gerding sagt:

      Hallo Jonas. Das wäre in der Tat besser. Leider ist es in dem WordPress-Plugin so festgelegt. Da hätten wir ein anderes nehmen müssen. Deswegen haben wir über jeder Galerie “Navigieren mit den Pfeiltasten” geschrieben. Das macht es am einfachsten.

    • Ceromie sagt:

      Das ist die passende Unterkunft ffcr alle Outdoor Begeisterten. Vielleicht soltle man so mal eine Jugendherberge oder Unterkunftshfctte ffcr Trekking Begeisterte bauen. von am 24.04.10

  2. elektriktrik sagt:

    cit “Als an der japanischen Küste die Erde wackelte, kamen mehr als 15.000 Menschen ums Leben” – kein bezug zum anschließenden tsunami der eigentlichen todesursache?

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